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DK126 - Overshoot ist gefährlich!

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Und: Warum können wir es nicht einfach kurz mal locker angehen beim Klimaschutz?

DK126 - Overshoot ist gefährlich!

Und: Warum können wir es nicht einfach kurz mal locker angehen beim Klimaschutz?

"Das Klima”, der Podcast zur Wissenschaft hinter der Krise. Wir lasen den sechsten Bericht des Weltklimarats und erklären den aktuellen Stand der Klimaforschung.

In Folge 126 widmen wir uns dem Overshoot. So nennt man die Strategie, ein Klimaziel zwischenzeitlich zu verfehlen, aber mit der Absicht es am Ende doch einzuhalten. Also zum Beispiel zu riskieren, dass die globale Temperaturerhöhung um mehr als 2 Grad ansteigt, solange sie Ende des Jahrhunderts wieder darunter liegt. Warum das aber alles andere als eine gute Idee ist, diskutieren wir in dieser Folge.

Wer den Podcast unterstützen will, kann das gerne tun: https://steadyhq.com/de/dasklima/ und https://www.paypal.me/florianfreistetter.

Winzer und wEBtalk

Wir blicken zuerst kurz zurück auf die letzte Folge, zu der wir interessante Mail von Winzern bekommen haben. Und dann erwähnen wir noch den Talk, den Claudia gemeinsam mit Helmut Jungwirth von der Uni Graz über Wissenschaftskommunikation gehalten hat. Kann und soll man sich gerne hier auf YouTube ansehen.

COP 29 und immer noch kein Erfolg

Wir schauen kurz zur Klimakonferenz in Baku (COP29), die vom 11. bis 22. November 2024 stattgefunden hat. Florian beschreibt, wie führende Wissenschaftler und Organisationen, einschließlich Johann Rockström und Ban Ki-moon, einen offenen Brief an die UN gerichtet haben, in dem sie die gegenwärtige Struktur der Klimakonferenzen als ineffektiv bezeichnen. Auch nicht hilfreich: Die problematischen Aussagen des dortigen Präsidenten, die den Ernst der Klimakrise infrage stellen.

Vor gut 10 Jahren war alles noch optimistischer. Die UN-Klimakonferenz 2015 in Paris war ein Meilenstein: Erstmals einigten sich Staaten weltweit darauf, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C, idealerweise auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau (1850–1900), zu begrenzen. Dieses Ziel sollte durch nationale Klimaschutzpläne, internationale Zusammenarbeit und ambitionierte Maßnahmen erreicht werden. Doch knapp ein Jahrzehnt später ist die Bilanz ernüchternd: Länder halten ihre Klimapläne nicht ein, 2024 wird das bisher wärmste Jahr der Messgeschichte mit Rekoremissionen und es wird das erste Jahr, in dem die globale Temperaturerhöhung über 1,5 Grad liegen wird. Der aktuelle Emission Gap Report der UN zeigt deutlich, dass wir massiv am Klimaschutz scheitern.. Allein 2023 wurden 57,1 Gigatonnen CO₂ ausgestoßen – ein neuer Höchststand. Wir müssten eigentlich eine Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2030 um 42 % schaffen und bis 2050 noch mehr. Aber das scheint in weiter Ferne. Ein weiterer Schlag für die Klimadiplomatie: Argentinien hat sich von den Verhandlungen zurückgezogen, in den USA wird Trump Präsident und Saudi-Arabien boykottiert, wo es nur geht.

Overshoot

Das bedeutet, dass wir uns mit dem Konzept des Overshoots auseinandersetzen müssen: ein temporäres Überschreiten der 1,5-Grad-Grenze (oder der 2-Grad-Grenze), bevor die Temperaturen wieder sinken. Ein aktuelles Paper in Nature beleuchtet die Risiken und Szenarien des Overshoots. Es unterscheidet vier Hauptpfade:

  • Standard-Pfad: Die Temperatur steigt, erreicht einen Maximalwert und fällt knapp unter 1,5 °C zurück. Voraussetzung: frühzeitige und drastische Emissionsreduktionen.
  • Enhanced-Protection-Pfad: Strengste Maßnahmen, um Overshoot zu vermeiden – benötigt extreme Reduktionen und umfangreiche CO₂-Entnahmen (CDR).
  • Overshoot-Pfad: Temporäres Überschreiten der 1,5-Grad-Marke mit anschließender Reduktion durch CDR.
  • High-Risk-Overshoot: Deutliche Überschreitung, hohe Risiken für irreversible Schäden und massive CDR-Anforderungen.

CDR (carbon dioxid removal) ist zentral, um nach einem Overshoot die Temperaturen zu senken. Derzeit liegt die weltweite CDR-Kapazität bei nur 2 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr – eine Zahl, die bis 2050 um das 1000-Fache steigen müsste. Doch der Aufbau dieser Kapazitäten ist mit technischen, finanziellen und politischen Hürden verbunden. Insbesondere Länder des globalen Südens könnten durch den Ressourcenbedarf (Land, Wasser) und die Auswirkungen auf Ernährungssicherheit und Umweltschutz benachteiligt werden.

Das Überschreiten der 1,5-Grad-Marke birgt schwerwiegende Risiken:

  • Regionale Folgen: Änderungen von Meeresströmungen, Schmelzen von Permafrost mit Freisetzung von Treibhausgasen (zusätzliche 0,02 Grad Anstieg pro 100 Jahre Overshoo) und Meeresspiegelanstieg (40 cm pro 100 Jahre Overshoot).
  • Soziale und wirtschaftliche Auswirkungen: Besonders ärmere Länder sind betroffen. Klimaextreme wie Hitzewellen während des Overshoots können zu langfristigen Schäden an Gesundheit, Bildung und Wirtschaft führen.
  • Ethische Fragen: Wer trägt die Verantwortung für die zusätzlichen Verluste und Schäden? Besonders benachteiligte Regionen stehen vor Herausforderungen, die sie nicht allein bewältigen können.

Das paper kommt zu zwei zentrale Schlussfolgerungen:

  • Beschleunigte Treibhausgasreduktion: Nur durch schnelle und umfassende Maßnahmen können wir das Risiko eines Overshoots minimieren. Der Enhanced-Protection-Pfad ist der einzige Weg, um die gefährlichsten Szenarien zu vermeiden.
  • Aufbau nachhaltiger CDR-Kapazitäten: Wir benötigen eine Kapazität von mehreren hundert Gigatonnen CO₂ bis 2100. Dies ist technisch machbar, aber die Umsetzung erfordert massive Investitionen, internationale Zusammenarbeit und eine faire Verteilung der Ressourcen.

Die Welt nach einem Overshoot wird nicht dieselbe sein wie davor. Selbst wenn es gelingt, die Temperaturen zu stabilisieren, bleiben langfristige Schäden und Ungleichheiten bestehen. Klimagerechtigkeit muss deshalb im Zentrum jeder Entscheidung stehen.

Hört den Podcast “Jetzt mal ganz in Ruhe”

Der Podcast “Jetzt mal ganz in Ruhe” ist ein Spin-Off von “Sag mal, du als Physiker”. Hört euch die Folgen an, da gibt es noch mal einen ganz anderen Blick auf die Klimakrise.

Hinweis zur Werbung und Unterstützung

Ein kleiner Hinweis: In “Das Klima” gibt es keine Werbung. Wenn ihr Werbung hört, dann liegt das nicht an uns; dann hat jemand unerlaubt und ohne unser Wissen den Podcast-Feed kopiert und Werbung eingefügt. Wir machen keine Werbung - aber man kann uns gerne was spenden, geht auch bei PayPal.

Kontakt und weitere Projekte

Wenn ihr Fragen oder Feedback habt, dann schickt uns einfach eine Email an podcast@dasklima.fm. Alle Folgen und alle Shownotes findet ihr unter https://dasklima.fm.

Florian könnt ihr in seinem Podcast “Sternengeschichten” zuhören, zum Beispiel hier: https://sternengeschichten.podigee.io/ oder bei Spotify - und überall sonst wo es Podcasts gibt. Außerdem ist er auch noch regelmäßig im Science Busters Podcast und bei WRINT Wissenschaft”-Podcast zu hören (den es ebenfalls bei Spotify gibt). Mit der Astronomin Ruth Grützbauch veröffentlicht er den Podcast “Das Universum”.

Claudia forscht und lehrt an der TH Köln rund um Wissenschaftskommunikation und Bibliotheken und plaudert im Twitch-Stream “Forschungstrom” ab und an über Wissenschaft.

Ansonsten findet ihr uns in den üblichen sozialen Medien:

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In Folge 126 widmen wir uns dem Overshoot. So nennt man die Strategie, ein Klimaziel zwischenzeitlich zu verfehlen, aber mit der Absicht es am Ende doch einzuhalten. Also zum Beispiel zu riskieren, dass die globale Temperaturerhöhung um mehr als 2 Grad ansteigt, solange sie Ende des Jahrhunderts wieder darunter liegt. Warum das aber alles andere als eine gute Idee ist, diskutieren wir in dieser Folge.

Wer den Podcast unterstützen will, kann das gerne tun: https://steadyhq.com/de/dasklima/ und https://www.paypal.me/florianfreistetter.

Winzer und wEBtalk

Wir blicken zuerst kurz zurück auf die letzte Folge, zu der wir interessante Mail von Winzern bekommen haben. Und dann erwähnen wir noch den Talk, den Claudia gemeinsam mit Helmut Jungwirth von der Uni Graz über Wissenschaftskommunikation gehalten hat. Kann und soll man sich gerne hier auf YouTube ansehen.

COP 29 und immer noch kein Erfolg

Wir schauen kurz zur Klimakonferenz in Baku (COP29), die vom 11. bis 22. November 2024 stattgefunden hat. Florian beschreibt, wie führende Wissenschaftler und Organisationen, einschließlich Johann Rockström und Ban Ki-moon, einen offenen Brief an die UN gerichtet haben, in dem sie die gegenwärtige Struktur der Klimakonferenzen als ineffektiv bezeichnen. Auch nicht hilfreich: Die problematischen Aussagen des dortigen Präsidenten, die den Ernst der Klimakrise infrage stellen.

Vor gut 10 Jahren war alles noch optimistischer. Die UN-Klimakonferenz 2015 in Paris war ein Meilenstein: Erstmals einigten sich Staaten weltweit darauf, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C, idealerweise auf 1,5 °C über dem vorindustriellen Niveau (1850–1900), zu begrenzen. Dieses Ziel sollte durch nationale Klimaschutzpläne, internationale Zusammenarbeit und ambitionierte Maßnahmen erreicht werden. Doch knapp ein Jahrzehnt später ist die Bilanz ernüchternd: Länder halten ihre Klimapläne nicht ein, 2024 wird das bisher wärmste Jahr der Messgeschichte mit Rekoremissionen und es wird das erste Jahr, in dem die globale Temperaturerhöhung über 1,5 Grad liegen wird. Der aktuelle Emission Gap Report der UN zeigt deutlich, dass wir massiv am Klimaschutz scheitern.. Allein 2023 wurden 57,1 Gigatonnen CO₂ ausgestoßen – ein neuer Höchststand. Wir müssten eigentlich eine Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2030 um 42 % schaffen und bis 2050 noch mehr. Aber das scheint in weiter Ferne. Ein weiterer Schlag für die Klimadiplomatie: Argentinien hat sich von den Verhandlungen zurückgezogen, in den USA wird Trump Präsident und Saudi-Arabien boykottiert, wo es nur geht.

Overshoot

Das bedeutet, dass wir uns mit dem Konzept des Overshoots auseinandersetzen müssen: ein temporäres Überschreiten der 1,5-Grad-Grenze (oder der 2-Grad-Grenze), bevor die Temperaturen wieder sinken. Ein aktuelles Paper in Nature beleuchtet die Risiken und Szenarien des Overshoots. Es unterscheidet vier Hauptpfade:

  • Standard-Pfad: Die Temperatur steigt, erreicht einen Maximalwert und fällt knapp unter 1,5 °C zurück. Voraussetzung: frühzeitige und drastische Emissionsreduktionen.
  • Enhanced-Protection-Pfad: Strengste Maßnahmen, um Overshoot zu vermeiden – benötigt extreme Reduktionen und umfangreiche CO₂-Entnahmen (CDR).
  • Overshoot-Pfad: Temporäres Überschreiten der 1,5-Grad-Marke mit anschließender Reduktion durch CDR.
  • High-Risk-Overshoot: Deutliche Überschreitung, hohe Risiken für irreversible Schäden und massive CDR-Anforderungen.

CDR (carbon dioxid removal) ist zentral, um nach einem Overshoot die Temperaturen zu senken. Derzeit liegt die weltweite CDR-Kapazität bei nur 2 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr – eine Zahl, die bis 2050 um das 1000-Fache steigen müsste. Doch der Aufbau dieser Kapazitäten ist mit technischen, finanziellen und politischen Hürden verbunden. Insbesondere Länder des globalen Südens könnten durch den Ressourcenbedarf (Land, Wasser) und die Auswirkungen auf Ernährungssicherheit und Umweltschutz benachteiligt werden.

Das Überschreiten der 1,5-Grad-Marke birgt schwerwiegende Risiken:

  • Regionale Folgen: Änderungen von Meeresströmungen, Schmelzen von Permafrost mit Freisetzung von Treibhausgasen (zusätzliche 0,02 Grad Anstieg pro 100 Jahre Overshoo) und Meeresspiegelanstieg (40 cm pro 100 Jahre Overshoot).
  • Soziale und wirtschaftliche Auswirkungen: Besonders ärmere Länder sind betroffen. Klimaextreme wie Hitzewellen während des Overshoots können zu langfristigen Schäden an Gesundheit, Bildung und Wirtschaft führen.
  • Ethische Fragen: Wer trägt die Verantwortung für die zusätzlichen Verluste und Schäden? Besonders benachteiligte Regionen stehen vor Herausforderungen, die sie nicht allein bewältigen können.

Das paper kommt zu zwei zentrale Schlussfolgerungen:

  • Beschleunigte Treibhausgasreduktion: Nur durch schnelle und umfassende Maßnahmen können wir das Risiko eines Overshoots minimieren. Der Enhanced-Protection-Pfad ist der einzige Weg, um die gefährlichsten Szenarien zu vermeiden.
  • Aufbau nachhaltiger CDR-Kapazitäten: Wir benötigen eine Kapazität von mehreren hundert Gigatonnen CO₂ bis 2100. Dies ist technisch machbar, aber die Umsetzung erfordert massive Investitionen, internationale Zusammenarbeit und eine faire Verteilung der Ressourcen.

Die Welt nach einem Overshoot wird nicht dieselbe sein wie davor. Selbst wenn es gelingt, die Temperaturen zu stabilisieren, bleiben langfristige Schäden und Ungleichheiten bestehen. Klimagerechtigkeit muss deshalb im Zentrum jeder Entscheidung stehen.

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Der Podcast “Jetzt mal ganz in Ruhe” ist ein Spin-Off von “Sag mal, du als Physiker”. Hört euch die Folgen an, da gibt es noch mal einen ganz anderen Blick auf die Klimakrise.

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